Amazon, YouTube und Co. besser verstehen

Forscher des Projekts „DataSkop“ untersuchen algorithmische Empfehlungsprozesse.

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Im Projekt „DataSkop“ untersuchen Wissenschaftler algorithmische Entscheidungssysteme, damit Nutzer ihre digitale Souveränität verbessern können.

Algorithmische Entscheidungssysteme durchdringen die digitale Welt. Plattformen wie Amazon, YouTube, Facebook und Netflix oder Finanzauskunfteien nutzen sie, um ihren Nutzern etwa Empfehlungen zu unterbreiten oder sie zu bewerten. Die Funktionsweise dieser im Hintergrund laufenden Prozesse bleibt allerdings häufig intransparent.

Wissenschaftler der Universität Paderborn, der TU München (Munich Center for Technology in Society), der Europa-Universität Viadrina (European New School of Digital Studies), der FH Potsdam und des Vereins medialepfade.org wollen im Verbundprojekt „DataSkop“ unter Leitung der gemeinnützigen Organisation AlgorithmWatch Systeme und Werkzeuge entwickeln, damit Nutzer algorithmische Strukturen in ihren Grundzügen verstehen und damit selbstbestimmter agieren können. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das im August gestartete Projekt für drei Jahre mit 1,8 Millionen Euro.

Wer im Internet einen Artikel kauft, kann heute ungefragt zusätzliche Angebote erhalten, die auf dem eigenen Kaufverhalten basieren. Für die Nutzer sind die dahinterstehenden Empfehlungs- und Entscheidungssysteme in der Regel Black Boxes. „Algorithmische Entscheidungssysteme können weitreichende Auswirkungen haben – von der Beeinflussung des Kaufverhaltens oder der politischen Willensbildung bis hin zur Einstufung von Kreditwürdigkeit.

Im Sinne digitaler Souveränität sollten Nutzer heute in der Lage sein, ihre persönlichen Daten zu schützen und algorithmische Strukturen zu erkennen“, erklärt Prof. Dr. Bardo Herzig, Bildungswissenschaftler und Medienpädagoge an der Universität Paderborn.

Portrait
Prof. Dr. Bardo Herzig vom Institut für Erziehungswissenschaft.

Datenverarbeitung transparent verfolgen

Mit einer Datenspendeplattform (Data Donation Platform DDP) wollen die Forscher eine Infrastruktur zum besseren Verständnis algorithmischer Empfehlungsprozesse entwickeln. Herzig: „Auf der DDP können Forschungseinrichtungen, Redaktionen oder Nichtregierungsorganisationen Datenspende-Projekte einrichten. Mit Hilfe der datenschutzkonform gesammelten Daten kann dann die Funktionsweise algorithmischer Systeme untersucht werden, ohne direkt Zugang zu diesem System zu haben.“ Dazu sind die Wissenschaftler auf die Teilnahme von interessierten Internetnutzern angewiesen, die ihre Daten, die sie beispielsweise während des Besuchs von Seiten wie Amazon oder YouTube hinterlassen, freiwillig spenden.

Für jedes Projekt können die Daten auf der Plattform in verschiedenen Darstellungsformen visualisiert und in einer eigenständigen Desktop-App – dem Personal Data Dashboard PeDD – zur individuellen Erkundung interaktiv zugänglich gemacht werden. So können die Nutzer erfahren, was an ihren Daten wertvoll ist und was mit ihnen untersucht werden soll. Ein erstes von zwei Pilotprojekten wird sich mit dem Empfehlungssystem der Plattform YouTube beschäftigen.

Digitale Kompetenzen im Bildungsbereich fördern

Zusätzlich zu der geschaffenen Infrastruktur werden die beiden Pilotprojekte durch die Entwicklung von konkreten Lehr- und Lernkonzepten ergänzt. Dazu der Paderborner Wissenschaftler, der diesen Teil verantwortet: „Mit dem Projekt streben wir den Erwerb digitaler Kompetenzen im Sinne eines souveränen Umgangs mit Daten über aktive, experimentelle und selbstreflexive Zugänge an. Die Forschungsergebnisse werden unmittelbar in Lehr- und Lehrszenarien verarbeitet, die Schülern eine Möglichkeit bieten, sich mit Hilfe der der Datenspendeplattform und der Desktop-App mit algorithmischen Entscheidungssystemen zu beschäftigen. Dies erfordert aber auch die Kompetenzentwicklung der Lehrkräfte in diesem Bereich, für die entsprechende Fortbildungsbausteine entwickelt und erprobt werden.“ Fachliche, rechtliche, moralische und gesellschaftliche Fragen sollen allerdings nicht nur im Schulunterricht diskutiert werden. Um eine möglichst breite Zielgruppe im Bereich der Medienpädagogik, politischen Bildung und Jugendarbeit zu erreichen, werden auch Konzepte für außerschulische Lernszenarien durch einen Projektpartner erarbeitet.

Fotos: Universität Paderborn

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